Solidarität als gesellschaftliches Schlüsselthema

Kunst im Kollektiv auf der documenta zur Reflexion gesellschaftspolitischer Entwicklungen

Dieses Projekt vom ver.di Bildungswerk Hessen e.V. in Kooperation mit dem HESSENCAMPUS Kassel nimmt die Kunstausstellung documenta 15 in Kassel als Ausgangspunkt von Lernprozessen zum Thema Solidarität und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Darüber hinaus werden Nutzen, Grenzen und Anregungen kunstbezogener Ansätze für Auseinandersetzungen mit gesellschaftspolitischen Themen in der Erwachsenenbildung geprüft.

Als gewerkschaftlicher Träger hat Solidarität für das ver.di Bildungswerk Hessen e. V. naturgemäß einen hohen Stellenwert, verstanden als Macht der Vielen und als fühlbare und praktische Solidarität beispielsweise im Handeln und Kämpfen für faire Einkommen, humane Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit. Insbesondere seit der Covid-19-Krise wird Solidarität in der Öffentlichkeit wieder als Schlüsselbegriff diskutiert. Eine zentrale Herausforderung ist dabei, wie aktuell und künftig mit sozialer Ungleichheit und Ungerechtigkeit umgegangen wird.

Ist das übergreifende Ziel der Solidarität überhaupt noch angemessen bzw. realistisch für die heutige ausdifferenzierte und heterogene Gesellschaft? Einen außergewöhnlichen und fruchtbaren Zugang zur Bearbeitung dieser Themen bietet die Kunst. Insbesondere zeitgenössische Kunst reagiert auf die aktuellen gesellschaftlichen Themen, sie reflektiert die Gesellschaft und gestaltet sie dadurch mit. Kreative Ansätze, die darauf zielen, in Kunst-Kollektiven gemeinsam Antworten auf Fragen nach Solidarität und Zusammenarbeit zu suchen, finden immer stärkeren Anklang im Bereich der Kunst. Das gilt auch für das Künstler*innen-Kollektiv „ruangrupa“, das die diesjährige Kunstausstellung documenta 15 kuratiert. Die gemeinsame Nutzung von Ressourcen und gegenseitige Fürsorge sind sowohl zentrale Werte, Methoden als auch Praxis des Kunst-Kollektivs. Es geht um das Teilen und Erhalten von Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst. Damit bietet die Ausstellung vielfältige Anknüpfungspunkte, die in einem offenen Prozess zu einer vertieften Auseinandersetzung mit den oben aufgeworfenen Fragen nach Solidarität und Zusammenhalt führen.

Wochenend-Seminare in Kassel

Im Mittelpunkt des Projektes stehen zwei zweitägige Seminare an Wochenenden im Sommer 2022 (9.-10.7.2022 und 10.-11.9.2022). Eingeladen sich für ein Seminar anzumelden sind alle Interessierten aus Hessen und zudem Aktive im Bereich der Erwachsenenbildung. Das Angebot richtet sich auch explizit an Personen, die bislang noch nicht viel mit Kunst „am Hut hatten“.

Am ersten Seminartag (10:00 Uhr bis 18:00 Uhr) steht eine Einführung in das Thema Solidarität und die documenta 15 auf dem Programm. Die zum Thema ausgewählten Ausstellungsstücke und Projekte auf der documenta in Kassel werden gemeinsam besucht und das Thema mit unterschiedlichen Seminarmethoden kunstpädagogisch angeleitet in der Gruppe bearbeitet. Die Kunstwerke bieten die Grundlage und das Arbeitsmaterial für die Auseinandersetzungen. Zudem werden auch gemeinschaftsorientierte Projekte der documenta, die über die Ausstellung hinausgehen, und im Vorfeld der Eröffnung der Ausstellung stattgefundene Diskussionen von Künstler*innen über Kollektivität und Solidarität, Kunst und Gesellschaft in den Besuch der documenta einbezogen.

Themen des ersten Seminartages:

  • Was ist die documenta? Wie wirken Kunst und Gesellschaft zusammen?
  • Was beinhaltet das „lumbung“-Konzept des Kollektivs „ruangrupa“? Auseinandersetzung mit dem kuratorischen Konzept der documenta 15
  • Überlegungen dazu, wie das Konzept in der Ausstellung umgesetzt wurde und was es uns über Kollektive und Solidarität lehren kann
  • Kennenlernen und Erproben von unterschiedlichen Zugängen zu zeitgenössischer Kunst und deren Lebensweltbezug

Am zweiten Seminartag (9:30 Uhr – 15:00 Uhr) wird das Thema in einem Seminarraum in Kassel vertiefend bearbeitet, indem die Teilnehmenden durch praktische Übungen selbst eine Dokumentation dessen erstellen, was sie zum Thema Solidarität durch die Kunst und den kollektiven Prozess der Auseinandersetzung erfahren haben. Dabei steht die Frage im Zentrum, wie eine gemeinsame Dokumentation und Erprobung der neu vermittelten künstlerischen Zugänge zum Thema Solidarität und Kollektivität aussehen kann. Das Ergebnis der Dokumentation ist insofern abhängig von der Gruppe und dem gemeinsamen, kollektiven Prozess. Die Teilnehmenden arbeiten selbst ästhetisch forschend mithilfe von Kunstmaterial, um ihr Ergebnis zu dokumentieren und zu präsentieren.

Themen des zweiten Seminartages:

  • Reflexion des Besuchs der Kunstausstellung
  • Gruppenprozess: Dokumentation und Präsentation der Ergebnisse
  • Arbeiten mit künstlerisch-praktischen Methoden zum Thema Solidarität und Zusammenhalt
  • Vergleich des künstlerisch-ästhetischen Zugangs mit herkömmlichen Methoden der Bildungsarbeit
  • Was macht ein Kollektiv aus? Welche Ein- und Ausschlüsse zeigen sich? Welche Chancen bieten Kollektive, was sind aber ggf. auch Gefahren? Wer entscheidet? Wer hat eine Stimme?

Anmeldungen für eines der Seminare sind ab Mai möglich.

Impuls-Dokument für Einrichtungen der Erwachsenenbildung

Anschließend an die Seminare wird ein Impuls-Dokument für Einrichtungen der Erwachsenenbildung erstellt, welches künstlerisch-ästhetische Ansätze in der Erwachsenenbildung, Zielgruppen, Zugänge und Umsetzungsmöglichkeiten reflektiert und auch Praxisbeispiele aus dem Projekt beinhaltet.